WENN WIR WIEDER MENSCHEN SIND
(Roman)

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Bosnien 1992. Granaten donnern, die Mutter packt ihre Kinder wie Koffer ins Auto, und das Land legt sich mit Fieber ins Bett. Onkel Marko zieht in die Berge, und sein Lachen zieht von dannen. Seine Jugendliebe wird in ein Lager verschleppt und ertrinkt in der Finsternis einer tauben Welt. Grossmutter flieht, kehrt zurück und flieht erneut. Die Mutter hingegen mutiert von einer Hyäne zum Kater – zahnlos und gebeugt frisst sie sich den Magen auf, doch nach Hause fährt sie trotzdem nicht.

 

Als in Bosnien der Krieg ausbricht, ist Tanja noch ein Mädchen. Sie beobachtet, lauscht und zaubert Sinn in eine Welt hinein, die absurd geworden ist. Erst als erwachsene Frau und in der sicheren Schweiz wagt sie sich in die Vergangenheit, entdeckt Vergessenes und Verborgenes und fühlt den Schmerz einer Generation nach, der kaum verebben kann.

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Erscheinungsdatum: 09.09.2024

EXPOSÉ

Es donnert, Mutter packt, wir fahren los.

Mutter hat meine Puppe vergessen. Schlimm.

Ich lausche und lausche, ein Meer voll Wörter und doch ist alles leer, denn ich verstehe nichts. Bruder versteht, es sei Krieg nicht Donner, doch Bruder hat keine Ahnung, er ist kaum vier.

Wir fahren los: Jablanica. Belgrad. Stansstad. Ein Abenteuer! Ferien! Aber nicht am Meer, nein. Die Treppe ist lang, hoch, sie ist mein Eifelturm, mein Paris, Apollo 2, und doch, bis zu meinen Hügeln sieht man nicht.

 

Mutter mutiert von Hyäne zum Tiger, zahnlos, alt, ihre Beisskraft richtet sich nach innen, sie frisst sich den Magen auf, doch nach hause fahren wir nicht.

Ich lerne Pepe kennen und ernenne ihn zur Grossmutter (heimlich, denn wahre Helden sieht man nicht).

 

Und Onkel? Onkelchen ist eine Geschichte für sich. Vom Gelehrten zum Tier zum Bruder und wieder zurück. Oder auch nicht. Der Krug geht zum Brunnen bis er bricht. Bricht er? Manchmal. Aber insbesondere dann, wenn die Liebe aus seiner Brust herausgeschnitten wird. Mama, wo ist denn Onkel? Er hat mir sein Tagebuch geschickt, dann war er weg, vom Erdboden verschluckt, puff.

 

Ach, Liebes…

 

Trockene Schnipsel, gebrochene Bücher, ich sammle sie, sammle alles wie eine Wilde. Ich sammle Geschichten wie damals Grossmutters Rosmarin, ich knacke sie auf und seziere sie wie Schnecken. Im Postfach ein Tagebuch, vergilbte Briefe auf dem Tisch, Mutter erzählt, wir trinken Tee, Pfefferminze, denn Melisse haben wir nicht. Ich erinnere mich, aber das Leben besteht aus dem, was nicht ist, was nicht gesagt wird, und doch ist, und immer sein wird.

Gehört die Geschichte mir? Nein. Habe ich sie erfunden? Nein. Geschichten brauchen keine Erfinderinnen, Geschichten sind. Und das hier ist die Geschichte von einem Mädchen in einem Land, das nicht mehr ist und nie mehr sein wird. Ein Märchen also, ein Märchen aus dem Osten

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